Entstehung des Bauernstandes

Schon lange vor Beginn unserer Zeitrechnung lebten in Norddeutschland die germanischen Stämme der Sachsen, Chauken, Angrivarier, Cherusker, Chatten, Langobarden, Sueben, Quaden, Semnonen, Hermunduren, Markomannen, Angeln und Warnen. Später wurde der einende Name „Germane" zur Kennzeichnung der Römer bei der Einteilung der Völker in unterworfene und freie. Zu dieser Zeit gab es weder einen freien Bauernstand, noch eine feudale Abhängigkeit. Die Menschen waren noch frei, und noch nicht in Form einer zwangsmäßigen juristischen oder ideologischen Bindung der Befehlsgewalt eines Grund- oder Feudalherrn durch Hörigkeit (zeitweilige oder andauernde Unterwerfung des eigenen Willens unter den einer zweiten Person) und/oder Leibeigenschaft (persönliche Verfügungsbefugnis einer Person oder Institution über einen Leibeigenen) unterworfen.

 

Mit wachsender Bevölkerungszahl bildeten sich Siedlungsgemeinschaften, zunächst meist durch eine verwandte Sippe, die den ihnen zur Verfügung stehenden Boden gemeinsam bearbeitete und das Vieh gemeinsam hütete. Man pflügte das Feld kreuzweise mit dem Hakenpflug, mit dem man den Boden aber nicht im heutigen Sinne pflügen, sondern nur aufreißen konnte. Durch Erfahrung lernte man mit der Zeit, den Boden durch geeignetere Mittel besser zu bearbeiten und zu nutzen. Wegen der wachsenden Bevölkerungszahl wurde eine Ertragssteigerung der Feldfrüchte erforderlich. Das erreichte man, indem man statt des leichten Hakenpfluges, schwerere, schollenbrechende Pflüge zu benutzen lernte. Plinius 23 – 79 n. Chr. (nach Wikipedia: Gaius Plinius Secundus Maior, auch Plinius der Ältere, war ein römischer Gelehrter, Offizier und Verwaltungsbeamter, der vor allem durch die Naturalis historia, ein enzyklopädisches Werk zur Naturkunde Bedeutung erlangt hat) berichtet aus dem 1. Jh. unserer Zeitrechnung von einem Wendepflug, der sogar schon mit einem Vorschneidmesser, Streichbrett und Radvorgestell versehen war! Die dadurch erzielte landwirtschaftliche Ertragssteigerung hatte ein weiteres Bevölkerungswachstum zur Folge, was wiederum den Zeitaufwand für die Feldarbeit erhöhte.

 

 Bei dem damaligen Stand der Feldbearbeitung waren den Böden nach 3 bis 5 Jahren die Nährstoffe so weit entzogen, dass sich ein weiterer Anbau nicht mehr lohnte. Inwieweit eine Düngung mit Mergel, Kalk oder tierischen Exkrementen erfolgte, lässt sich heute schwer sagen. Plinius berichtet von einer Mergeldüngung allein bei den am Rhein wohnenden Ubiern (ein westgermanisches Volk, von Caesar bereits als zivilisiert beschrieben), die diese Sitte von den Galliern übernommen zu haben schienen. Auf Ackerflächen an der Nordseeküste gibt es Hinweise auf Düngung mit kalkreichen maritimen Ablagerungen bzw. Stallmist. Allgemein dürfte aber eine Düngung des Bodens von den Germanen noch nicht angewandt worden sein. Die bebauten Flächen mussten also nach einigen Jahren aufgegeben werden (auch die Düngung verlängerte diesen Termin nur um einige Jahre); die Ackerflächen wurden Brache (unter Brache versteht man landwirtschaftlich genutzte Grundstücke, die aus wirtschaftlichen oder regenerativen Gründen unbearbeitet bleiben. Auch jedes Grundstück, das sich irgendwann einmal in menschlicher Nutzung befand, dann aber unbenutzt blieb, kann als brach liegend bezeichnet werden). Natürlicher Bewuchs, Viehauftrieb und Nichtbepflanzung trugen zur Regeneration des Bodens bei, so dass er nach etwa 10 bis 15 Jahren erneut bebaut werden konnte. Dieser Wechsel von Acker und Brache wird auch von Tacitus erwähnt. Heute wird diese Wirtschaftsform als „wilde Feldgraswirtschaft“ bezeichnet, eine von den Germanen während der Römerzeit betriebene landwirtschaftliche Nutzungsform. Es ist bekannt, dass man in Nordwestdeutschland damals schon die so genannte Plaggenwirtschaft ausübte, wobei man Gras- oder Heidekrautplaggen zur Verbesserung des Bodens einpflügte. (Plaggenwirtschaft oder Sodenwirtschaft wurde angewendet, indem man mineralreichen Oberboden, z.B. aus Heiden, in ziegelartigen Bodensoden (Plaggen) stach, dann kompostierte oder in Tierställen mit Mist anreicherte, und anschließend auf das Dauerackerland zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit aufbrachte und dann unterpflügte).

 

Schätzungen haben ergeben, dass der Boden mit den damaligen Bearbeitungsmethoden etwa 200 bis 300 kg Getreide pro 1 ha an Erträgen lieferte. Die mittelalterliche Dreifelderwirtschaft erbrachte demgegenüber bereits etwa 500 kg pro ha – der heutige Getreideertrag liegt bei etwa 3.300 kg/ha Weizen und 2.900 kg/ha Gerste.

 

Die Bearbeitung eines Hektars mit dem Pflug und den damaligen Mitteln dauerte durchschnittlich etwa 8 bis 9 Arbeitstage. Unter Berücksichtigung der Dauer einer Feldbestellperiode von etwa 6 Wochen, konnten 2 Arbeitskräfte jährlich etwa 3 ha Acker bewirtschaften. Legt man die oben geschätzten Getreideerträge von etwa 250 kg/ha zugrunde, konnten mit der so erzeugten Menge etwa 2 Familien (oder 10 Personen) mit der erforderlichen Grundnahrungsmenge versorgt werden. Das wiederum bedeutete, dass etwa ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung nur mit dem Ackerbau beschäftigt war; bei der damaligen Siedlungsdichte war eine so wenig wirkungsvolle Bodennutzung noch möglich. Entsprachen die Ernteerträge infolge Auslaugen der Böden und Zunahme der Bevölkerung nicht mehr den Erwartungen, wurde die Siedlung kurzerhand verlegt, solange freier Siedlungsraum zur Verfügung stand.

 

Im Zuge der Bevölkerungszunahme vergrößerten sich die Siedlungen, sie rückten näher zusammen. Das wiederum erforderte Vereinbarungen mit den Nachbarsiedlungen, um Auseinandersetzungen u. a. auch wegen der Landnutzung zu vermeiden. Der administrative Aufwand zur Absprache und Aufstellung solcher Vereinbarungen und die Überwachung auf deren Einhaltung erforderte fachlich qualifizierte Personen, die eine Ansiedlung gegenüber der anderen zu vertreten auch befähigt waren. Der für den Ackerbau zur Verfügung stehende Boden konnte nicht mehr beliebig verlegt werden, seine Erträge mussten durch intensivere Bewirtschaftung und geeignete Düngung gesteigert werden. Die Bauern wurden sesshaft, der von ihnen bewirtschaftete Boden ging allmählich in den Besitz des Bearbeitenden über.

 

Die Erlangung neuen Siedlungsraumes hatte kriegerische Auseinandersetzungen zur Folge, die zunächst von einem größeren Siedlungsverbund, einem "Stammesvolk", gegen andere Stämme oder Völker geführt wurden. Um einen Krieg führen zu wollen, bedarf es entsprechender pekuniärer, personeller und materieller Ressourcen. Ein solcher Aufwand war für einen, mit Ackerbau und Viehzucht voll ausgelasteten Stamm, einer Siedlung oder gar einen ganzen Siedlungsraum nicht tragbar, man übertrug diese Aufgabe an die mit der Kriegstechnik vertrauten Organisationen oder Gruppen, die über die entsprechende Ausrüstung verfügte. Das wiederum hatte zur Folge, dass die bisher freien Bauern sich als Gefolgsmann in den Dienst eines Herrn begeben mussten und zu bestimmten – meist militärischen – Dienstleistungen verpflichteten. Durch den Treueid an den Dienstherrn genossen sie dafür aber dessen Schutz und Hilfe.

 

Dazu kann man im Brockhaus und im Internet folgendes lesen:

"Ein Teil der bisher Freien hat sich diesen veränderten Anforderungen offensichtlich dadurch entzogen, dass sie ihren Rechtsstatus aufgaben und sich einem Herrn unterstellten, einem Adligen oder auch einer Kirche: Einem Bischof oder einem Kloster. Sie erhielten von ihrem neuen Herrn ihren Besitz dann zur Bewirtschaftung zurück und mussten ihm Abgaben und Dienste leisten. Aus dem Freien wurde damit zwar kein servus (Knecht oder Diener), kein Unfreier im antiken und frühmittelalterlichen Sinne, kein Rechtloser also, über den sein Herr nach Belieben verfügen konnte, sondern eine Person mit eingeschränktem Rechtsstatus, ein Höriger, wie man mit einem spätmittelalterlichen Wort sagt. Dieses Wort Höriger ist nur eines von vielen, mit denen im Mittelalter der Status des nicht freien, sondern unter einem Grundherrn lebenden Bauern bezeichnet wurde".

 

Spätestens seit dem 11. Jahrhundert stellen solche grundherrlichen Bauern die Masse der ländlichen Bevölkerung dar – die jetzt, anders als im frühen Mittelalter, tatsächlich Bauern im Wortsinne waren. Dies war nun möglich, weil jetzt anders als im frühen Mittelalter produziert wurde, weil nun Landwirtschaft vor allem als Ackerbau verstanden wurde, der, betrieben von festen Gehöften auf dauernd bewirtschafteten Flächen, die verstreut liegenden Siedlungen zu Dörfern zusammenfasste.

 

Die rechtliche, soziale und auch wirtschaftliche Ordnung, in welcher diese Bauern lebten, wird heute mit dem modernen Wort Grundherrschaft bezeichnet, mit einem Wort also, das zwar eine Vielzahl regionaler und zeitlicher Unterschiede verdeckt, das aber dennoch sinnvoll ist, weil es einen für die Masse der hoch- und spätmittelalterlichen Bauern zutreffenden Sachverhalt beschreibt.

 

Die grundherrlichen Bauern waren nicht nur im Hinblick auf den von ihnen bewirtschafteten Boden von einem Grundherrn abhängig, sie unterstanden ihm und waren ihm zu Diensten und Abgaben verpflichtet. Der Grundherr übte im Bereich seiner Grundherrschaft Funktionen aus, die wir mit den heutigen staatlichen Funktionen vergleichen können: Er sorgte für den Frieden in seiner Grundherrschaft, er sorgte für den geregelten Ausgleich von Konflikten unter den von ihm Abhängigen, er war ihr Richter, und er sorgte für den erforderlichen Schutz bei feindlichen Angriffen.

 

Oder, mit einem Ausdruck aus der Kirchenverfassung gesagt: die Grundherrschaft ist eine Art von Immunität, d.h. ein Bezirk, in welchem der Herrscher, der König oder der Herzog, keine Gewalt ausübt, ein Bereich, in welchem nur die „herrscherlichen“ Funktionen vom Grundherrn wahrgenommen werden, der deshalb auch die entsprechenden Abgaben und Dienstleistungen empfängt. Der Grundherr ist nicht nur Herr über Grund und Boden, sondern auch über die diesen bewirtschaftenden Menschen. Grundherrschaft ist „Herrschaft über Land und Leute“.

 

Die Frage, wie es zu dieser grundherrschaftlichen Ordnung mit adligen bzw. geistlichen Grundherren auf der einen Seite und abhängigen Bauern auf der anderen Seite gekommen ist, ist strittig. Die frühere Meinung, dass aus freien Bauern bzw. aus Gemeinfreien durch teils freiwilligen, teils gewaltsamen Freiheitsverlust unfreie Bauern geworden seien, ist als generelle Antwort schon deshalb nicht richtig, weil sie nur eine Rechtsveränderung beschreibt, während der tatsächliche Wandlungsprozess umfassender gewesen ist. Aber auch im Hinblick auf die Veränderung des Rechtsstatus kann diese Meinung nicht richtig sein, weil sie davon ausgeht, dass ursprünglich die Masse der Bevölkerung aus Freien bestanden habe.

 

In Polemik gegen diese ältere Auffassung ist in den letzten Jahrzehnten wiederholt gesagt worden, dass schon im frühesten Mittelalter von Freiheit der Bevölkerung nicht mehr die Rede sein könne, dass es die Gemeinfreien als überwiegende Mehrheit der Bevölkerung nie gegeben habe, dass vielmehr bäuerliche Freiheit, wo sie auftauche, keinen Rest der alten Freiheit darstelle, sondern jüngeren Ursprungs sei. Die freien Bauern, die es im Mittelalter – wenn auch nur im Ausnahmefall – gibt, seien Nachfahren von Leuten, die ihre besondere Stellung dem König oder anderen Machthabern verdankten, welche sie für besondere Aufgaben einsetzten und deshalb begünstigten: Zur Rodung von unbesiedeltem Land vor allem, als Militärsiedler zum Schutz von gefährdeten Gebieten. Freie Bauern im Mittelalter sind dieser, freilich bestrittenen Meinung zufolge, Königsfreie oder Rodungsfreie – letzteres könnte für die Bauern im Auetal gelten, die sich ihr Land durch Rodungen erwarben. Die Herrschaft über Land und Leute ist demnach nicht neueren Ursprungs, sondern uralt, abgeleitet letzten Endes aus der Herrschaft des Freien über sein Haus, zu dem nicht nur seine Verwandten gehören, sondern auch das Gesinde.

 

Im Ganzen sind es offensichtlich unterschiedliche Prozesse, die zur Grundherrschaft und zur Ausbildung eines Bauernstandes im hohen Mittelalter führte, darunter für viele, wie oben gesagt, ein Prozess des Freiheitsverlusts. Für andere jedoch Aufstieg, denn die Sklaverei in der Art der griechisch-römischen Antike, die in den ersten Jahrhunderten des Mittelalters noch eine reguläre Erscheinung ist, verschwindet jetzt - auch unter der Einwirkung der kirchlichen Lehre. Aus den servi werden Leibeigene und hörige Bauern, oder sie steigen noch weiter auf. Ein rascher Aufstieg aus der Unfreiheit selbst in den Adel ist möglich, besonders dann, wenn er im Herrschaftsbereich eines Mächtigen, vor allem des Königs stattfindet. Schon aus der merowingischen Zeit sind polemische Bemerkungen gegen so Emporgekommene überliefert.

 

Die Landwirtschaft vom 12. bis zum 15. Jahrhundert

Im Mittelalter waren die Menschen überwiegend in der Landwirtschaft beschäftigt. Am Ende des Mittelalters – gegen 1500 – waren immer noch mehr als 80% in der Landwirtschaft tätig. Ursächlich dafür war die geringe landwirtschaftliche Produktivität; von einem ausgesäten Korn Getreide konnten kaum mehr als drei Körner geerntet werden. Verminderte sich die Ernte infolge widrigen Wetters um ein Drittel, musste schon die Hälfte davon als Saatgut verwendet werden; fielen gar zwei Drittel aus, so erbrachte die Ernte nur das, was für die neue Aussaat erforderlich gewesen wäre. Die Folge waren Hunger und frühzeitiger Tod vieler Menschen.

 

Zu Beginn des 6. Jahrhunderts dürften im Gebiet des späteren Deutschland und in Skandinavien etwa 2 Millionen Menschen gelebt haben. Man schätzt die Gesamtzahl für das Gebiet der Bundesrepublik auf ca. 650.000 Menschen, das sind 2,4/km². Diese Menschen lebten auf kleinen Siedlungsflächen, die wie Inseln eingebettet waren in große Wald- und Heidegebiete. Bebaut wurden wohl nur etwa 3% der Gesamtfläche; man wusste weder den leichten Böden einen Ertrag abzugewinnen, noch konnte man mit den vorhandenen Ackergeräten die schweren Böden bebauen. Die Fähigkeit zur Entwässerung feuchter Gebiete erlernte man erst ein halbes Jahrtausend später – hier waren vor allem die Niederländer führend.

 

In den folgenden Jahrhunderten nimmt die Bevölkerung langsam aber stetig zu. Um 1000 n. Chr. mögen in Deutschland und Skandinavien etwa 4 Millionen Menschen gelebt haben. Danach setzt ein schnelleres Bevölkerungswachstum ein, das bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts anhält. Damals dürften in Deutschland und Skandinavien etwa 11,5 Millionen Einwohner gelebt haben. Jetzt, im späten 11. Jahrhundert, beginnt die Periode des Landausbaus und der Besiedelung des Ostens. Die alten Feldfluren wurden erweitert, und es wurden zahlreiche neue Siedlungen gegründet; Orte, die ihre Entstehung aus Rodungen meistens in ihren Namen erkennen lassen. Sie enden auf -rode, -rade oder -reut, auf -hagen (z. B. Rolfshagen – was eine besondere planmäßige Anlage bedeutet), auf -brand (womit auf die Rodungsmethode verwiesen wird), oder, an den früheren Zustand der Siedelflächen erinnernd, auf -moor, -wald und -ried.

 

Mit der Vergrößerung der Anbaufläche veränderten sich auch die Arbeitsmethoden. Es wurden neue Geräte entwickelt und eingesetzt, der schollenbrechende Pflug ersetzte den alten Haken, das Kummet für die Pferde zum Ziehen des Pfluges und zum Eggen wurde entwickelt. Zudem versah man die Pferde mit Hufeisen, das deren Einsatz auch auf steinigen Böden ermöglichte. Entscheidend aber war ein neues System der Bodennutzung: Die Dreifelderwirtschaft. Hierbei wurde jedes Flurstück in regelmäßiger Folge mit Wintergetreide im 1. Jahr und Sommergetreide im 2. Jahr bebaut. Im 3. Jahr liegt das Flurstück brach.

 

Man begann, die Flurstücke exakt zu vermessen und zu begrenzen, um die infolge der Rodungen als herrenlos gewordenen, bebaubaren Flächen zu kennzeichnen; es entstand das Landschaftsbild, wie wir es noch heute kennen: Ackerfläche reiht sich an Ackerfläche, dann folgen Weiden und dann wieder Ackerflächen. Eingebettet zwischen allem liegt das Dorf, begrenzt durch Wälder und bewirtschaftete Forsten, die damals vor allem als Schweineweide dienten.

 

Wie zuvor beschrieben, wurden die landwirtschaftlich produzieren Nahrungsmittel bisher bis auf geringe Reste von den Produzenten selbst verbraucht. Um aber die ständig wachsende Zahl der Menschen in den ständig wachsenden Städten ausreichend mit Grund-Nahrungsmitteln versehen zu können, musste der Ernteertrag erhöht werden. Das war nur möglich indem man neue Anbaumethoden entwickelte, und den Betrieb auf dem Bauernhof durch Anwendung neuer Techniken reorganisierte. Zudem lernten die Stadtbewohner sich mit Nahrungsmitteln wie Getreide und Fleisch zu versorgen, die sie auf den freien Flächen produzierten, die innerhalb der Stadt und am Stadtrand zur Verfügung standen.

 

Im Internet wurde dazu folgende Rechnung aufgestellt:

 Ein niedersächsischer Bauernhof mittlerer Größe hatte eine agrarisch nutzbare Ackerfläche von etwa 15 ha und vier Pferde zu dessen Bearbeitung. Bei der damals üblichen Dreifelderwirtschaft erwartete man auf einem Boden mittlerer Qualität einen jährlichen Ernteertrag von einem Drittel der Fläche etwa

 

· 2,5 Tonnen Weizen und vom zweiten Drittel etwa

 

· 1,9 Tonnen Gerste/Hafer.

 

Von diesen Erträgen ist jeweils ein Drittel als Saatgut abzuziehen – somit verbleiben

 

· 1,67 Tonnen Weizen und

 

· 1,27 Tonnen Hafer oder Gerste.

 

Als Futter für die Pferde werden 800 kg benötigt. Zieht man von der verbleibenden Menge noch die an die „hohe Obrigkeit“ (Kirche, Lehnsherrn usw.) fälligen Abgaben ab, bleibt für einen aus 5 bis 8 Personen zählenden bäuerlichen Haushalt nicht mehr allzu viel übrig. Dass die mittelalterlichen Bauern trotz der häufig aufgetretenen katastrophalen Missernten überlebten ist vermutlich nur deswegen möglich gewesen, weil sie sich zusätzlich zu dem Getreide mit Milch, Eiern und Fleisch aus dem zusätzlich betriebenen Gartenbau und der eigenen Viehzucht mit Lebensmitteln versorgten.

 

Es ist auffällig, dass viele mittelalterliche Chroniken häufig von Missernten und Hungersnöten berichten, wonach alle vier Jahre Missernten stattfanden. Eine solche Missernte bedeutete insbesondere für kleinere Höfe häufig auch den wirtschaftlichen Ruin, gingen mit einer solchen auch Schwankungen der Getreidepreise einher, die für die Bauern unterschiedliche Auswirkungen hatten. Größere Höfe waren häufiger in der Lage, ihre Abgaben in natura oder in Geld zu leisteten – profitierten von diesen Preisschwankungen, insbesondere dann, wenn es ihnen möglich war, einen Teil der Ernte auf den Markt zu bringen.